Bild: https://www.peace-support.ch/missionen
Friedensförderung als dritter Armeeauftrag – Cédric Hengy
Auch wenn sich die Schweiz im Rahmen ihrer Neutralität an der Teilnahme von Kriegen
enthält, so kommt ihr in Kriegs- und Krisenregionen dennoch eine gewisse Rolle zu. Die
Neutralität der Schweiz ist in erster Reihe humanitär geprägt und orientiert sich an
Friedensfragen. Damit steht sie in der Tradition der guten Dienste und der humanitären
Hilfe.
Die Schweizer Armee hat drei Kernaufträge, welche in der Bundesverfassung verankert
sind. Sie steht erstens in der Verantwortung, das Land und dessen Bevölkerung vor
Angriffen zu verteidigen und soll zweitens die zivilen Behörden unterstützen, wenn deren
Mittel nicht mehr ausreichen. Drittens gilt es für die Armee, den Frieden auf
internationaler Ebene zu fördern. Die Schweizer Armee engagiert sich weltweit aktiv in der
Friedensförderung. Die rund 300 Männer und Frauen, die sich freiwillig als Armeeangehörige in den verschiedenen Missionen beteiligen, führen dabei unterschiedliche
Aufträge aus, welche abhängig sind von der Einsatzart und dem Einsatzgebiet.
Was ist SWISSINT?
Der Armeeauftrag «Friedensförderung» wird durch das Kompetenzzentrum SWISSINT
(Swiss Armed Forces International Command) in Stans-Oberdorf (Kanton Nidwalden)
ausgeführt. Als solches ist SWISSINT verantwortlich für die Rekrutierung und das
Personalwesen, die Logistik, die Finanzplanung und -führung, die einsatzbezogene
Ausbildung, die nationale Führung während des Einsatzes, die Auswertung sowie die
Öffentlichkeitsarbeit. Derzeit beteiligt sich SWISSINT im Auftrag der UNO und der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an 14
friedensfördernden Missionen auf vier Kontinenten.
Neutrale Überwachungsmission für den Waffenstillstand in Korea
(NNSC)
Die älteste friedensfördernde Mission der Schweiz stellt die Neutrale
Überwachungsmission für den Waffenstillstand in Korea (NNSC) dar. Im Jahr 1953
entsandte der Bundesrat nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes rund 150
bewaffnete Armeeangehörige nach Korea. Heute stehen je fünf Schweizer Offiziere und
fünf schwedische Offiziere in dieser Mission im Einsatz und sind in Panmunjom
unmittelbar südlich der militärischen Demarkationslinie stationiert. Die Hauptaufgabe
der NNSC besteht bis heute darin, die Überwachung des Waffenstillstandsabkommens
von 1953 zwischen Nord- und Südkorea sicherzustellen.
SWISSCOY
Mit SWISSINT wird häufig auch der seit 1999 andauernde Einsatz im Kosovo, die
SWISSCOY (Swiss Company), in Verbindung gebracht. SWISSCOY ist das bislang grösste
Engagement der Schweizer Armee im Rahmen der Friedensförderung. Bis zu 215
Armeeangehörige stehen dabei zugunsten der Kosovo Force (KFOR), der nach 1999 unter
der Leitung der NATO aufgestellten multinationalen militärischen Formation, im Einsatz.
Ihr Hauptbeitrag zu der Mission besteht in der Sicherstellung eines sicheren und stabilen
Umfelds sowie der Aufrechterhaltung der Bewegungsfreiheit für alle Menschen in Kosovo.
Weiter erbringt die SWISSCOY Leistungen in Strassen- und Lufttransporten sowie
zugunsten der Militärpolizei und Kampfmittelbeseitigung.
Auch wenn das Schweizer Engagement innerhalb der KFOR als wichtiger Beitrag an die
europäische Sicherheitsordnung angesehen wird, ist die SWISSCOY-Mission nicht
unumstritten. Am stärksten wird sie von der Organisation Pro-Schweiz kritisiert, welche
der SVP nahesteht. Deren Präsident, Stefan Rietiker, sieht den Einsatz und die
Stationierung von Truppen im Ausland als unvereinbar mit der schweizerischen
Neutralität an.
KFOR
Der Balkan ist geprägt durch ethnische, kulturelle und religiöse Gegensätze. Nach einer
Periode der Stabilität nach dem Zweiten Weltkrieg brachen diese beim Zerfall
Jugoslawiens ab 1991 wieder auf und führten zu Unabhängigkeitskriegen. In den späten
neunziger Jahren spitzten sich die ethnischen Konflikte auch in der damaligen serbischen
Provinz Kosovo dermassen zu, dass die NATO im März 1999 die Operation «Allied Force»
gegen die jugoslawischen und serbischen Truppen von Präsident Milošević begann. Nach
dem erfolgreichen Ende der Operation trat am 9. Juni 1999 das militärisch-technische
Abkommen zwischen der NATO und der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien in Kraft,
das den Abzug der jugoslawischen Truppen aus dem Kosovo regelte.
Am 10. Juni 1999 schaffte der UN-Sicherheitsrat mit der Resolution 1244 die
Voraussetzung zur Stationierung der «Kosovo Force» (KFOR) unter der Führung der NATO,
womit ebenfalls die Basis für eine zivile Übergangsverwaltung im Kosovo geschaffen
wurde. Am 17. Februar 2008 erklärte sich der Kosovo einseitig für unabhängig und gab
sich im Juni 2008 eine eigene Verfassung. Auch nach der Unabhängigkeitserklärung blieb
die KFOR mit Zustimmung der kosovarischen Regierung im Land. Serbien und eine Reihe
anderer Länder, darunter auch EU- und NATO-Staaten, erkennen den Kosovo aber nach
wie vor nicht als souverän an. Die Schweiz hingegen anerkannte am 27. Februar 2008 die
Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien.
Die multinationale KFOR-Truppe hat den Auftrag, den Aufbau eines demokratischen,
rechtsstaatlichen, friedlichen und multiethnischen Kosovos zu unterstützen und
militärisch abzusichern, sowie die Bewegungsfreiheit aller im gesamten Kosovo zu
garantieren. Da diese Aufgaben zunehmend von lokalen Sicherheitskräften übernommen
wurden, überwacht die KFOR inzwischen primär die Entwicklung von demokratischen
Sicherheitsstrukturen und arbeitet eng mit lokalen Autoritäten und internationalen
Organisationen zusammen.
Seit ihrem Bestehen gehörten zu den Aufgaben der KFOR unter anderem auch die
Unterstützung bei der Rückkehr oder Umsiedlung von Vertriebenen und Flüchtlingen, der
Wiederaufbau und die Minenräumung, der Schutz von Kulturgütern, die Grenzsicherung
oder die Unterbindung des grenzüberschreitenden Waffenschmuggels.
Stand Januar 2024 wird die KFOR-Truppe von 28 Staaten gestellt und umfasst 4443
Soldaten, wobei Italien mit Abstand am meisten Soldaten bereitstellt (1322). Die
Mitglieder bestehen aus den meisten NATO-Staaten (ausser Estland, Slowakei, Spanien,
Portugal, Norwegen, Niederlande, Luxemburg, Island und Belgien) und der Schweiz,
Österreich, Moldau, Armenien und Irland. Seit Oktober 2023 führt der türkische
Generalmajor Özkan Ulutas die KFOR-Truppe an.
Quellen
https://www.armee.ch/de/ueber-armee-auftrag
https://www.peace-support.ch/missionen
https://www.vtg.admin.ch/de/nnsc
https://www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/das-schweizer-militaer-der-kosovo-und-diefrage-der-neutralitaet/48996380
https://jfcnaples.nato.int/kfor/about-us/history
https://jfcnaples.nato.int/kfor/about-us/history/tasks
Bild: https://www.vtg.admin.ch/de/uno
Schweizer Militärbeobachter im Einsatz für die internationale Friedensförderung – Michel Krüsi
Seit 1990 beteiligt sich die Schweiz mit Militärbeobachtern und Verbindungsoffizieren an UNO-Friedensmissionen. Alle Einsätze der Schweizer Armee im Rahmen der Friedensförderung für die UNO basieren auf einem entsprechenden UNO-Mandat. Für eine Friedensförderungsmission ist zudem auch das Einverständnis der Konfliktparteien erforderlich; ohne dieses kann kein Mandat zustande kommen. Die Schweizer Armeeangehörigen leisten ihren Einsatz bei der UNO als sogenannte Blaumützen, im Gegensatz zu den Blauhelmen sind sie unbewaffnet.
Seit 2004 ist das in Stans ansässige Kompetenzzentrum SWISSINT (Swiss Armed Forces International Command) für die Ausbildung von Militärbeobachtern für friedensfördernde Missionen im Ausland verantwortlich. Schweizer Militärbeobachter befinden sich aktuell im Nahen Osten, in der Demokratischen Republik Kongo, im Südsudan, in Kaschmir und in der Westsahara auf UNO-Friedensmissionen im Einsatz. Zu ihren Aufgaben gehören das Beobachten und Rapportieren von Ereignissen, welche gegen das Mandat der Mission verstossen. Zudem patrouillieren sie im Einsatzgebiet, um sensitive Regionen zu überwachen und stehen im Informationsaustausch mit Einheimischen. Damit ein vollständiges Bild über die Sicherheitslage in der Region erstellt werden kann, führen die Militärbeobachter auch Kontrollen bei den lokalen Streitkräften durch, um sicherzustellen, dass Truppen, Waffen und Munition gemäss dem Mandat eingesetzt werden.
Die Friedensmission United Nations Truce Supervision Organization (UNTSO)
Im Jahr 2023 beteiligten sich vierzehn Schweizer Offiziere im Rang eines Hauptmanns oder höher an der Friedensmission UNTSO (United Nations Truce Supervision Organization). Sie ist die älteste UNO-Friedensmission und besteht seit 1948.
Die UNTSO wurde 1948 als Reaktion auf den arabisch-israelischen Krieg gegründet, nachdem die UNO einen Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien verkündete. Daraufhin wurden Militärbeobachter:innen entsandt, um die Waffenstillstandsvereinbarungen zwischen Israel und den Nachbarstaaten zu überwachen. Nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1974 wurde zwischen Israel und Syrien ein neues Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Dieses legte eine entmilitarisierte Zone fest, um die verfeindeten Streitkräfte voneinander zu trennen. Das Abkommen beschränkte auch die Anzahl der Truppen in einem Umkreis von 25 Kilometern und die Waffengattungen, die in der Zone eingesetzt werden dürfen.
Insgesamt beteiligen sich 27 Nationen an der UNTSO mit 153 Militärangehörigen. Sie sind in Israel, im Libanon, in Ägypten, Syrien und Jordanien stationiert und arbeiten im Rahmen des UNTSO Mandats. Ein wichtiger Überwachungsposten befindet sich auf der von Israel besetzten Golan Höhe. Die Militärbeobachter arbeiten immer in mindestens Zweiergruppen mit unterschiedlicher Nationalität, um eine unparteiische Berichterstattung zu gewährleisten.
Während ihres Einsatzes laufen die Militärbeobachter Gefahr, zwischen die Fronten der Konfliktparteien zu geraten. So kommt es auf der Golan Höhe immer wieder zu Zwischenfällen. Eine weitere Bedrohung geht von Landminen und Blindgängern aus. Seit 1948 sind bereits 51 Militäbeobachter im Dienst der UNTSO ums Leben gekommen.
Quellen:
https://www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/schweizer-militaerbeobachter-im-nahen-osten/48541956
https://www.peace-support.ch/missionen/uno-militaerbeobachter-und-stabsoffiziere
https://www.vtg.admin.ch/de/uno
https://untso.unmissions.org/untso-operations