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Im Jahr 2020 hätten die Schweizerische Eidgenossenschaft und der Heilige Stuhl das hundertjährige Jubiläum der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen nach einer fünfzigjährigen Unterbrechung feiern sollen. Doch die Pandemie zog dem offiziellen Besuch von Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär Seiner Heiligkeit, einen Strich durch die Rechnung. Um die Wichtigkeit dieses Ereignisses zu unterstreichen hätte der Bundesrat Ignazio Cassis ihn in der Schweiz in Empfang genommen.
Seit dem 18. Jahrhundert und bis 1870 vertrat der Papst zwei unterschiedliche Völkerrechtssubjekte, zum einen als sichtbares Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, zum anderen als Oberhaupt des Kirchenstaates. Nach der Einigung Italiens und dem Wegfall des Vatikans verlor Papst Puis IX. seine Eigenschaft als Staatsoberhaupt, behielt allerdings seine Repräsentationsfunktion des Heiligen Stuhls, höchstes Organ der Römisch-katholischen Kirche. Die Schweiz erkannte nichtsdestotrotz die Autonomie und Souveränität des Heiligen-Stuhls an. Der Papst war in den katholischen Kantonen bereits seit 1586 vertreten, in der Eidgenossenschaft dann ab 1803 durch einen reisenden Apostolischen Nuntius (ein bevollmächtigter Botschafter nach dem kirchlichen Vokabular), der ab 1597 in Luzern residierte. Da die alte Eidgenossenschaft keine diplomatischen Vertretungen im Ausland besass, konnte sie kein Gegenstück zur Präsenz des Nuntius in der Schweiz bieten.
Durch verschiedene Ereignisse wie beispielsweise der Kulturkampf in 1874, die ausgeübte Kritik des Heiligen-Stuhls gegen die Schweizer Behörden in der Sache um die Schaffung eines unabhängigen Bistums in Genf, den Antiklerikalistischen radikalen Politikern und durch die konfessionellen Spannungen in den verschiedenen Kantonen haben die diplomatischen Beziehungen stark leiden müssen. Schlussendlich brachen diese am 12. Dezember 1873 ab, jedoch nicht vollständig: Auch die 1506 gegründete Päpstliche Schweizergarde trug dazu bei die Verbindungen zwischen der katholischen Schweiz, den Behörden und dem Papst aufrechtzuerhalten.
Die Bemühungen des Heiligen Stuhls, um dem Ersten Weltkrieg ein Ende zu setzen und seine Unterstützung in humanitären Initiativen der Schweiz trugen dazu bei, das Ansehen und die Meinung der Schweizer Behörden zu besänftigen. Am 20. Juni 1920 beschloss der Bundesrat, die Rückkehr der Nuntiatur zu genehmigen. Nach Abschluss der Lateranverträge, welche dem Papst wieder seine doppelte Souveränität verliehen, blieb die Nuntiatur in Bern dennoch die einzige offizielle Kontaktstelle zwischen den beiden Staaten.
Der Bundesrat ernannte im Oktober 1991 einen Sonderbotschafter, durch den die Reziprozität der diplomatischen Beziehungen wieder gegeben war. Mehrere Diplomaten, allesamt reformierter Bekennung, besetzten diesen Posten zusätzliche zu Ihrer Mission in einem anderen Land. Doch die wirkliche Normalisierung der Beziehungen erfolgte erst durch die Ernennung ende, Mai 2004, eines Botschafters durch den Bundesrat, auf Empfehlung des Vorstehenden des Eidgenössischen Departements für Auswertige Angelegenheiten, Joseph Deiss. Dieser belegte den Posten eines bevollmächtigten Sonderbotschafters beim Heiligen Stuhl, auf Basis einer Ko-Akkreditierung. Der Sitz des Botschafters befand sich folglich nicht in Rom. Ab 2014 und bis 2018 besetzte der Genfer Pierre-Yves Fux die Stelle des Sonderbotschafters. Die Besonderheit ist, dass er der erste Katholische Repräsentant der Schweiz im Vatikan war, wobei er in seiner Hauptsächlichen Tätigkeit Botschafter in Slowenien war. Er trug einiges dazu bei, dass sich die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl besserten, um schlussendlich einen Höhepunkt im Juni 2018 zu erreichen, als der Papst Franziskus eine offizielle Reise nach Genf tätigte.